Spannender zweiter Adventssonntag

Bereits gestern zeichnete sich ab, dass es einem Hobbymeteorologen wie mir am zweiten Adventssonntag nicht langweilig werden würde.

Die Nacht war teils klar und über dem Schnee konnte gut Wärme abgestrahlt werden. So sank die Temperatur bereits um Mitternacht auf -5°C, aber weiter runter ging es nicht mehr. Das Tagesminimum für heute lag so bei kalten, aber nicht ungewöhnlichen -5.6°C. Doch schon bald zog ein Tief über den Ärmelkanal in Richtung Norddeutschland und durch den Durckabfall auf der Alpennordseite, stellte sich eine Föhnlage ein. Der Druckunterschied zwischen Lugano und Zürich war heute ziemlich gross, was dementsprechend starke Winde in den Föhntälern erwarten liess. Wie bereits bei einer starken Föhnlage im März fuhr ich nach Brülisau im Kanton Appenzell-Innerrhoden. Wegen den topografischen Verhältnissen weht der Föhn dort häufig mit extremen Windspitzen. Der Luftdruckgradient liess Böenspitzen im Bereich von 150 bis 170 Km/h erwarten, was auch den Sturm Lothar mit etwa 130 Km/h in der Region St. Gallen in den Schatten stellt.

Kurz vor 12 Uhr kam ich in Brülisau an. Die letzten Kilometer fährt ein Kleinbus und da konnte der Fahrer bei verschneiter Strasse und starkem Seitenwind sein Können gut beweisen. Im kleinen 500 Seelen Dorf zuhinterst im Appenzellerland tobte ein Schneesturm. Normalerweise ist es bei Föhn trocken und warm, aber das war heute ausnahmsweise mal anders. Neben der Seilbahnstation blies mir ein 0 Grad kalter Wind den Schnee um die Ohren, so dass ich nicht einmal in Windrichtung schauen konnte. Noch bevor ich mich an einem Pfostem an Strassenrand festhalten konnte, erwischte mich die erste heftige Sturmböe und auf dem vereisten Boden wurde ich einfach mal zehn Meter weggeschoben. Irgendwann erreichte ich den Pfosten dann doch und ich musste micht ziemlich festhalten, denn die nächste Böe schaffte laut meinem Handwindmesser 117 Km/h, also schon beinahe Orkanstärke. Die Böe wirbelte so viel Schnee auf, dass 20 Meter vor mir stehendes Auto im Weiss verschwand.

Ich wollte an einen Ort, der etwas oberhalb des Dorfes liegt, da ich dort vor einem halben Jahr derart massive Orkanböen erlebte, dass ich Angst bekam. Durch viele Schneeverwehungen ging es den Hügel hinauf, aber mit Unterstützung von stürmischem Rückenwind war das gar nicht einmal so anstrengend. Oben erlebte ich im weiteren Verlauf zwei Orkanböen mit 122 Km/h, aber ich muss sagen, ich war fast ein wenig enttäuscht, wo ich doch letztes Mal am selben Standort unglaubliche 147 Km/h gemessen habe. Als ich wieder bei der Seilbahnstation war, verlor der Föhn langsam an Kraft. Die an der Seilbanhstation installierte Wetterstation von Meteomedia überraschte aber dennoch mit einer Böenspitze von 159 Km/h. Mit dem Handwindmesser messe ich in Bodennähe, wo der Wind durch Reibung gebremst wird. Der Windmesser von Meteomedia steht auf dem Dach der Talstation, dort trifft der Wind ungebremst auf. Trotzdem bin ich überrascht, da die Böenspitze im März, als ich zum ersten Mal dort war mit 165 Km/h nur unwesentlich höher war. Vielleicht spielte die Windrichtung eine Rolle, sodass der beim letzten Mal sehr windexponierte Platz eher verschont wurde, während es im Tal richtig zu und her ging. Oder ich habe die heftigste Böe schlichtweg verpasst. Egal, der Schneesturm war jedenfalls eindrücklich. Im Rheintal stürzten aufgrund des Sturms Bäume um, unter anderem auch auf die Autobahn A13. Heftig scheint der Föhnsturm auch im liechtensteinischen Balzers gewesen zu sein, das grundsätzlich recht sturmerprobt ist bezüglich Föhn. Einem Bericht zufolge soll der Sturm dort der stärkste seit Jahrem gewesen sein und die Dorfbevölkerung habe so etwas noch selten erlebt. Überall seien Bäume umgestürzt und Dachziegel und lose Gegenstände weggeweht worden.

Nach oder besser gesagt noch während dem Föhn nahte das nächste markante Wetterereignis. Vor einer Warmfront begann es am Mittag bereits zu schneien und mit der ankommenden milden Luft in der Höhe, ging der Schnee bald in Regen über. Da Kaltluft eine höhere Dichte besitzt, blieb sie aber gerade im östlichen Mittelland noch recht lange liegen. So wurden verbreitet -2 bis -1°C gemessen, während in St. Gallen und im Appenzellerland in der milden Luft bereits Tauwetter bei leichten Plusgraden herrschte. So kam es am Nachmittag zum angekündigten gefrierenden Regen. In der milden Luftschicht tauten die Schneeflocken zu Regen, der dann in den tiefen Lagen in die frostige Luftschicht fiel. Trifft der Regen dann am Boden auf eine genügend kalte Fläche auf, gefiert er sofort, was im Extremfall zu spiegelglatten Strassen führen kann. Bisher habe ich nicht von extrem schlechten Strassenverhältnissen gehört. Am Abend räumte der Wind die Kaltluftschicht weg und es war endgültig Tauwetter angesagt.

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