MeteoMörschwil geht auf eine Stormchasingtour! Was ist Stormchasing? Das ist Englisch und bedeutet übersetz soviel wie Gewitterjagd. Bekannt ist dieses Hobby am ehesten von Tornadojägern aus den USA. Nun, in der Schweiz geht es immer etwas gemässigter zur Sache, aber trotzdem gibt es im Sommerhalbjahr lokal immer wieder schwere Gewitter. Übrigens sei zum Thema Tornados angemerkt, dass die Schweiz keineswegs tornadofrei ist! Zwar sind sie selten, doch vor einem Jahr zog ein Tornado eine Schneise der Zerstörung durch den Schwarzald bis an den Schaffhauser Randen. Teilweise stand in der Zugbahn kein einziger Baum mehr wo zuvor dichter Wald war.
Zurück zum Thema:
Morgen steht eine etwas unscheinbare aber potentiell gefährliche Gewitterlage an. Es sei bereits zu Beginn angemerkt, dass die Unsicherheit enorm ist, noch höher als sonst.
Gewittervorhersage für die gesamte Nordschweiz:
Synoptische Wetterlage: Der Hochdruckkeil, der aktuell über der Schweiz liegt sorgte heute für sonniges und warmes Wetter. Morgen nähert sich allerdings aus Westen ein Tiefdrucktrog. Dessen Höhenkaltluft erreicht am Sonntagmorgen die Westküste Frankreichs. Die Schweiz kommt auf der Vorderseite unter einer Südströmung zu liegen. Dadurch gelangen sehr warme Luftmassen zu uns. Es kommt zu einer Föhnphase. In der Nacht auf Montag erreicht der Trog unter einem Cut-off Prozess die Schweiz und wird zu einem Kaltlufttropfen.
Diskussion: Es zeigen sich in den Modellen gewisse Unterschiede. Insbesondere über den Feuchtigkeitsgehalt der Luftmasse werden sie sich nicht einig. GFS erwartet Taupunkte von um die 17°C in der West- und 14°C in der Ostschweiz am Nachmittag. WRF zeigt 8-11°C, wobei es in der Ostschweiz gerade am Abend wohl durch Föhn nochmals ordentlich abtrocknet. Zudem soll sich laut WRF in der Westschweiz relativ bald der kühlere Westwind durchsetzen. Generell würde ich sagen, dass die 17°C von GFS deutlich zu hoch angesetzt sind. WRF könnte etwas zu tief liegen. Etwa 12°C Taupunkt sind am realstischsten.
Demensprechend unsicher sind die Labilitätswerte. Insgesamt schätze ich den MLCAPE auf etwa 500-1000 J/Kg ein, was einer mässigen Labilität entspricht.
In der Westschweiz dürfe am Rande des right-entrance-Bereichs eines Jetstreaks am Abend grossräumig Hebung induziert werden. Am Nachmittag werden Zellen orografisch bedingt über dem Jura entstehen. Hier stellt sich aber die Frage, ob der von WRF gerechnete Westwind tatsächlich so früh einsetzt. Wenn dies passiert, könnte die Luftmasse an Energie verlieren und es kommt zu keinen Unwetter. Wenn sich aber wie GFS berechnet, die energetische Luftmasse länger hält, können sich die Zellen einmal ausgelöst gut entwickeln. Dafür spricht eine starke Windscherung. Die DLS beträgt 20-25 m/s, was für gut organisierte Multizellengewitter oder gar Superzellen spricht. Auch die Helizitätswerte von teils 200 m^2/s^2 sprechen für ein erhötes Risiko von Superzellen.
Die Gewitter ziehen zuerst dem Jura entlang nach Nordosten und breiten sich dann zunehmend ins angrenzende Mittelland aus. Die ersten Zellen sind hierbei am gefährlichsten. Da die untere Luftschicht eher trocken ist, sind lokale Downbursts in gut organisierten Gewittern möglich. Es ist durchaus möglich, dass eine Superzelle mit grösserem Hagel und Sturmböen durch das Mittelland zieht. Das Tornadorisiko ist am Sonntag aufgrund hoher Wolkenbasen sehr gering.
Erst am späten Abend bricht der Föhn zusammen. Daher erwarte ich in der Ostschweiz keine heftigen Gewitter. Allenfalls sind stürmische Böen bis 75 Km/h möglich.
Zusammenfassung:
Die Lage ist enorm unsicher. Vielleicht passiert gar nichts, vielleicht gibt es Hagelzüge und Sturmböen im Mittelland. Potential ist vorhanden, aber falls sich der Westwind zu früh durchsetzt, verschwindet die Energie rasch.
Grundsätzlich besteht in der Westschweiz und im Mittelland die Gefahr von grösserem Hagel bis 3 Zentimtern und Sturmböen bis 90 Km/h. Im Thurgau und der Ostschweiz gibt es voraussicht keine Gewitter. Föhnsturmböen sind in den Föhntälern aber zu erwarten. Nicht ausgeschlossen sind starke Windböen am Abend aus Westen.