Rückblick
Heute zogen zwei Gewitterzellen mit kräftigen Niederschlägen durchs Fürstenland an den Bodensee. Beide erlebte ich live, was nicht gerade alltäglich ist. Die erste Zelle überrollte mich in Wittenbach. Zuerst fiel nur Starkregen, dann auch Hagel, der aber relativ klein war, maximal einen Zentimeter gross. Durch den starken Höhenwind zog die Zelle rasch vorbei und traf auch noch Mörschwil.
Kaum war die Zelle abgezogen, näherte sich eine nächste Regenwand. Im Bereich Roggwil-Arbon fuhr ich mitten hinein. Es schüttete kräftig und teilweise war wohl auch etwas Hagel dabei. Die abziehende Zelle verstärkte sich über dem Bodensee massiv und es wurde eine markante Hagelwand sichtbar:
Auf dem Radar zeigt sich eine Intensität von über 210 mm/h, was schon sehr heftig ist.
Prognose
Wie sich gezeigt hat, taugen die Wettermodelle aktuell nichts. Kein Modell hatte mit kräftigen Gewittern bereits am Nachmittag gerechnet. Als aber ein Gewittersystem aus Westen der Schweiz recht nahe kam, wurden sich doch einige (Hobby-)Meteorologen unsicher und dementsprechend wies ich auch auf meiner Seite auf die Unsicherheit hin:
“Grundsätzlich sind schon am Nachmittag und Abend Überraschungen auch im Osten möglich, da ein solches Sytem durchaus weitere Zellen auslösen kann.”
Genauso passierte es, hier gibt es nichts anzufügen.
Was in der Nacht passiert, weiss niemand so genau. Eigentlich hätte es laut den Modellen erst jetzt losgehen sollen im Osten und dementsprechend kann man die Modellvorhersagen wohl in die Tonne kippen. Einzig das was in den höheren Luftschichten passiert, könnte zu gebrauchen sein.
Ich arbeite mich von oben nach unten durch die Atmosphäre. Auf der 300 hPa Druckfläche wird nach Mitternacht starke Divergenz erwartet, die in den unteren Luftschichten für Hebung sorgt. Auf 500 hPa zeigt sich, dass die Schweiz weiterhin auf der Trogvorderseite zu liegen kommt, was ebenfalls mit Hebung verbunden ist. Auch auf 700 hPa ist ein schwach ausgeprägter Trog zu erkennen, der in der zweiten Nachthälfte erneut Gewitter auslösen könnte. Sowohl auf 700 als auch auf 500 hPa wird eine Windgeschwindigkeit von 22 m/s erwartet, was etwa 80 Km/h entspricht und für den Sommer eine recht hohe Geschwindigkeit ist. Die Deep Layer Shear ist mit >20 m/s dementsprechend hoch.
Labilität ist noch in mässigem Umfang vorhanden, allerdings dürften die Gewitter aufgrund der Bodennahen Auskühlung eher von der Grundschicht entkoppelt (elevated) auftreten. Die Temperaturdifferenz zwischen 850 und 500 hPa beträgt etwa 26°C.
Mehr will ich den Wetterkarten nicht entnehmen aus dem oben genannten Grund. Daher komme ich gleich zur aktuellen Lage:
Wie schon am Mittag steht ein Gewittersystem bereits in Frankreich vor den Toren der Schweiz. Es hat sich erst gerade entwickelt und wenn es bestehen bleibt, dürfte es zwischen Mitternacht und 4 Uhr die gesamte Nordschweiz überqueren. Bei der ausgeprägten Windscherung dürften die Gewitter gut organisiert sein, sodass einige Hagelzüge und Sturmböen zwischen 75 und 100 Km/h möglich sind. Sogar eine Superzelle mit grösserem Hagel und schweren Sturmböen liegt im Bereich des Möglichen!
Es könnte uns eine ziemlich unruhige Nacht bevorstehen. Ich erwarte im Warngebiet Gewitter ab etwa 3 Uhr morgens. Im Verlaufe des Sonntags nimmt die Intenstät der Gewitter voraussichtlich deutlich ab.