16. Mai 2018: Zwar bin ich aktuell nicht zuhause und verfasse Berichte nur am Wochenende, doch das gestrige Ereignis hat einen Extrabeitrag verdient. Bei einem kräftigen Gewitter am Dienstagabend mit 22.6 mm Niederschlag und kleinem Hagel scheint über Mörschwil eine Windhose aufgetreten zu sein. Dies lässt ein Video des Online-Newsportals “20 Minuten” vermuten. Es zeigt über dem Dorf einen feinen Wolkentrichter, der zu rotieren scheint. Auf einem weiteren Video aus meiner direkten Nachbarschaft sind sehr turbulente und tiefliegende, aufsteigende Wolken zu erkennen.
18. Mai 2018: Es gibt immer mehr Hinweise auf ein Tornadoereignis. Ein Funnel, ein rotierender Wolkenschlauch gilt als ziemlich gesichert, da das Videomaterial recht eindeutig ist. Die Frage, die sich stellt ist, ob der Wolkenschlauch Bodenkontakt hatte, denn erst dann gilt er als Tornado. Folgendes Bild aus dem Video von 20 Minuten lässt vermuten, dass der Wolkenschlauch im Bereich des Steinachtobels im Nordwesten Mörschwils über bewaldetem Gebiet auftrat:

Quelle: sturmforum.ch
Ich bitte Augenzeugen, sich via Kommentarfunktion zu melden. Sie konnen viel zur Aufklärung des Ereignisses beitragen. Tornados gibt es auch in der Schweiz hin und wieder, aber sie sind mit 2 bis 5 Ereignissen pro Jahrzehnt recht selten. Dass sich eine Windhose sogar genau in Mörschwil ereignet, wäre auch auf ein Jahrhundert hinaus unwahrscheinlich. Nun werde ich genauere Infos einholen. Wahrscheinlich wird das Waldstück mit einer Drohne zur Gewinnung von Luftbildern überflogen.
20. Mai 2018: Bei einem Drohnenflug über ein Waldstück im möglichen Bereich des Videos von 20 Minuten wurden keine auffälligen Waldschäden entdeckt. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder war der Tornado zu schwach um deutliche Schäden anzurichten, das bedeutet, die Windgeschwindigkeiten lagen unter 80 Km/h. Ebenfalls möglich ist, dass der Wolkenschlach den Boden in diesem Bereich gar nicht erreichte und es sich lediglich um einen “Funnel” handelte. Zudem muss in Betracht gezogen werden, dass der Wolkenschlauch südlich des Waldstücks und südlich der Bahnlinie auftrat. Dann müssten kleinere Schäden an einzelnen Bäumen oder flachgewalztes Gras zu sehen sein.
Derzeit gibt es drei mir bekannte Videos des möglichen Tornados:
-20 Minuten, Fahrnstrasse 25, 9402 Mörschwil, mit deutlichem Funnel (=Wolkenschlauch): http://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/Windhose-zieht-ueber-Wohngebiet-21143580
-Facebook, Huebstrasse 27, 9402 Mörschwil:
-Facebook, St. Gallerstrasse 26a, 9402 Mörschwil: https://www.facebook.com/stephan.list.3/videos/10216378051873490/
Durch die letzten beiden Videos konnte ein Punkt auf der Zugbahn nun ungefähr geortet werden. Der Wolkenschlauch müsste sich um 16:55 Uhr zwischen Mörschwil/Oberdorf und Wittenbach/Brumenau über dem Steinachtobel befunden haben. Das erste Video zeigt den Wolkenschlauch wahrscheinlich etwa einen Kilometer weiter nordöstlich im Bereich Bergacker-Nonnensteg. Nach jetzigen Erkenntnissen ist der Funnel weitgehend an bewohnten Gebiet vorbeigezogen, anders als in der Schlagzeile von 20 Minuten erwähnt. Höchstens das Wohngebiet östlich des Bahnhofs könnte eventuell in der Zugbahn gelegen sein.
Quelle Karte: https://map.geo.admin.ch/
Ein weiterer Drohnenflug ist am Montag über dem Gebiet Brumenau-Oberdorf geplant.
22. Mai 2018: Bei einer Erkundungstour am Sonntag ist mir am Waldrand nahe des Hofs Brumenau in Wittenbach eine Spur von niedergedrücktem Gras aufgefallen. Sie ist rund 150 Meter lang, liegt im Gebiet des Wolkenrüssels und die Richtung Nordost-Südwest stimmt zudem mit dessen Zugrichtung überein. Niedergedrücktes Gras kann durch einen Tornado hervorgerufen werden. Zudem liegen vereinzelte Zweige in der Spur. Die Spur wurde kaum von Menschen verursacht, da sie von einer ganzen Wandergruppe verursacht sein worden müsste und vor einem unwegsamen Waldgebiet aufhört. Ein Traktor hätte eher zwei dünne Spuren hinterlassen. Einzig Starkregen und Hagel könnte das Gras niedergedrückt haben, aber nach meiner Einschätzung sehen die Spuren mehr nach einem Windereignis aus:

Mögliche Tornadospur bei der Brumenau/Wittenbach. Die Wiese wurde vielleicht von starkem Wind hinuntergedrückt.

Hier sind die Spuren stark verwirbelt. Vielleicht wirklich ein schwacher Tornado? Unten in der Mitte liegt noch ein Zweig.
Die Windspitzen der umliegenden Wetterstationen waren übrigens unauffällig (Bischofszell 33 Km/h, St. Gallen 39 Km/h, Altenrhein 42 Km/h, Gossau 46 Km/h).
Ich habe einen genauen Bericht den Betreibern des Sturmarchivs Schweiz (Link) zur Verfügung gestellt, um eine Einschätzung von Personen mit mehr Erfahrung zu bekommen.
23. Mai 2018: Ein Landwirt vom Hof Brumenau/Wittenbach erzählte mir heute, er habe beim Gewitter letzte Woche gesehen, wie beim naheliegenden Wald Äste abgerissen und durch die Luft geschleudert wurden. Ein Ast sei rund 200 Meter weit weggetrieben worden. Dass es sich bei dem Ereignis wohl um einen Tornado handelte, erfuhr er erst durch mich. Die Beschreibung würde perfekt zur von mir entdeckten Spur passen. Zudem schleudert ein normaler Sturm nicht einfach Äste in die Luft, sondern lässt sie mehr zu Boden fallen. Anhand meiner Recherchen wage ich nun zu sagen, dass es sich bei der Trichterwolke mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um einen Tornado handelte! Es dürfte sich aber nur um ein schwaches Exemplar gehandelt haben. Tornados werden nach der Fujita-Skala in Kategorien eingeteilt von F0 bis F5, wobei F0 60-120 Km/h Windgeschwindigkeit und F5 >400 Km/h bedeutet. Der Tornado von Wittenbach hatte wahrscheinlich die Intensität F0. Trotzdem – ein Ereignis war er allemal.